Informationsdesign, wir müssen reden!

Die im Rahmen des Equal Pay Day (Nicht direkt von der Initiative selbst) auf sozialen Medien publizierte kleine Grafik hat mich stutzig gemacht, weil sie so offensichtlich gar nicht zu den vom Statistischen Bundesamt Werten passt, die allgemein als Konsens gelten.

 

Im Rahmen eines kleinen Experiments habe ich diese Grafik schnell und unsauber an die tatsächlichen Werte angepasst (man verzeihe mir diese kleine Schlamperei) und die erste an 5 Frauen in meinem Umfeld geschickt mit der Frage, ob sie mir spontan sagen könnten, wie hoch sie den Gender Pay Gap einschätzen würden. Die Antworten darauf lagen bei 40-50%
Daraufhin habe ich die beiden anderen, skalisch korrekten Grafiken gesandt. Die Kommentare darauf, mal grob zusammengefasst: „Diese Statistik wurde doch von Männern erstellt?“, „Glaube ich im Leben nicht“ „Das letzte Bild (bereinigter Gender Pay Gap) gaukelt eine fast gleiche Verteilung vor, finde ich.“

Die Gender Pay Gap ist ein gesellschaftlich relevantes Thema. Und natürlich könnte man den Erstellern dieser ersten, offensichtlich so grundfalschen Grafik unterstellen, diese Grafik als ideologische Waffe zu benutzen. So einfach ist es aber nicht.  Je enger Werte, egal welches Thema sie betreffen, zusammenliegen, desto unspektakulärer wird die Grafik, wenn sie rechnerisch korrekt ausgeführt ist. Ein ambivalentes Thema, da genau diese Grafiken ja auch dazu dienen sollen, Unterschiede oder Verhältnismäßigkeiten schnell und klar darzustellen.

Ein weiteres kleines Beispiel: nehmen wir an, es gibt einen Konflikt zwischen 2 befeindeten Atommächten. Macht 1 verfügt über 66.000 Atomwaffen, Macht 2 über 71.000 Atomwaffen.
Diese Werte liegen recht nah aneinander. Eine korrekte Abbildung der Verhältnisse wäre recht unspektakulär. Bilde ich sie aber von einer Baseline von 50.000 Atomwaffen ab, ändern sich hier das Verhältnis enorm: 16.000 Atomwaffen gegen 21.000 Atomwaffen. Alles, was ich machen muss, ist auf der Horizontalen Basis-Achse eines Diagramms eine 50.000 statt einer 0 einzutragen. Die Grafik ist also im eigentlichen Sinne korrekt, der Eindruck, den sie auf den ersten Blick erzeugt, drastisch.

Doch gerade bei delikaten Themen sollten wir Informationdesign vielleicht als Instrument der Wissensvermittlung und Aufklärung begreifen und nicht einem Ansatz nacheifern, der „so laut und schnell” wie möglich ist.

Und selbst die obige Grafik zur Gender Pay Gap, die natürlich erklärt warum es geht ohne Werte konkret zu benennen, visualisiert natürlich einen Werte-Unterschied, der in dieser Form gar nicht existiert.

Vielleicht sollten wir hier manchmal umsichtiger sein? Nicht nur als Betrachter, sondern auch als Gestalter?

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Corporate Design als Prozess

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