Das neue Logo der Freien Universität Berlin

Das neue Logo der Freien Universität Berlin © FU Berlin

Das neue Logo der Freien Universität beschäftigt Berlin. Es hat sich sogar eine eigene Petition verdient:

„Nach kurzer Umfrage ergab sich, dass doch viele nicht in Gänze dem neuen Unilogo das Beste abgewinnen können“, heißt es auf der auf „Change.org“ veröffentlichten Petition, die offenbar von Studierenden initiiert wurde. „Wir fordern eine Neugestaltung; um es kurz und knapp zu formulieren!“ Mittlerweile gibt es 800 Unterschriften.

Warum der ganze Ärger um ein Logo?

Das neue Logo präsentiert ein dekonstruiertes „F“ auf leuchtend grünen variablen Flächen, während das alte Wappen mit dem Gründungsmotto der FU „Veritas, Iustitia und Libertas“ (Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit) entfernt wurde. Ein Unterzeichner der Petition schreibt: „Das neue Logo sieht aus, als ob dem Drucker die Tinte ausgegangen wäre.“

Einige Professor:innen der FU sind mehr als unzufrieden: das neue Logo wird bei der Sitzung des Akademischen Senats in der kommenden Woche zum Thema.

FU Berlin Logodesign

Das neue Logo der Freien Universität Berlin in verschiedenen Anwendungen © FU Berlin

Wann ist ein Logo ein „Fail"?

Auf Twitter, der Jauchegrube des Internets, schlagen die Wellen, eben wie bei jedem anderenThema, im Tenor der Selbstgerechten hoch: Eine Userin beschreibt das Logo „als sei ein Textmarker auf einer kaputten Schreibmaschinentaste ausgelaufen“ ein Alumnus findet, das das Logo aussehen würde, als hätte man eine KI mit „den mit Logos von Fachhochschulen mittelgroßer Kleinstädte trainiert“

Und all das stimmt. Und obwohl sich die Berliner Bubble auf Twitter einig darüber ist, dass das Logo ein „Fail” ist, möchte ich eine Lanze für das neue Logo der FU brechen:

Neue Identitäten zerstören alte. Immer.

Immer, wenn wir hier in der Designer- und Branding-Bubble gerne von Transformation sprechen, ist das ein Euphemismus. Vielmehr ist ein radikaler Schnitt immer eine Zerstörung.

Hach, war es schön, das alte Logo, das Wappen mit der Aufschrift: „Veritas, Iustitia und Libertas” Ein Unterzeichner der Petition schreibt: „Wer in der Studierendenschaft oder im Personal möchte sich damit identifizieren? Das alte Logo hatte Stil und Klasse. Warum sollte man etwas verändern, wenn es bereits gut war?“
Die Erdbeeren im meinem Kühlschrank waren vor 2 Wochen auch mal gut.

Was dieser hier als vermeintlicher Alumnus verkennt: Er identifiziert sich natürlich mit dem alten Logo. Es bleibt eine romatische Erinnerung, die als Gesamtmarke FU an auch eben dieses alte Logo gekoppelt ist. Nur gehört er längst nicht mehr zur Zielgruppe. Und die selbstangenommene Zielgruppe kann weg. Das ganze ähnelt einer Diskussion über alte Zeiten, in der Leute das heutige Fehlen einer Eigenschaft, eines Produktes oder einer Leistung bemängeln, die sie nicht mehr in Anspruch nehmen würden, wenn es sie wieder geben würde.

Das neue Logo der Freien Universität Berlin in verschiedenen Anwendungen © FU Berlin

Kommunikationsverluste durch neues Branding? Egal.

Bei jedem neuen Corporate Design Roll-Out entsteht anfänglich ein Verlust.Was bei einem KMU vielleicht noch eine Rolle spielt, ist bei einer solch großen Marke wie der FU wirklich nur noch eine Marginalie. Das ist allein eine Frage des Roll-Outs selbst, der der FU, nicht zuletzt mithilfe der Twitter-Crowd und den Medien mehr als gelungen ist. So ziemlich Alle können das neue Logo so bescheiden finden, wie sie wollen – das alte Logo wird in 2 Wochen vergessen sein und das neue Branding sitzt, schon aufgrund seiner Prägnanz und der Farbigkeit fest in den Köpfen.

Womit wir beim nächsten Thema wären:

Prägnanz oder Originalität?

Wenn man diese Frage einfach und binär denkt, stellt sich heraus: Man kann immer nur eines haben. Es ist eigentlich ganz einfach: je originärer eine Form wird, desto komplexer muss sie werden und sich, sagen wir einmal von geometrischen Klischees lösen. 

Prägnante Form
Originäre Form

Dann sind wir in letztere Konsequenz beim berühmt berüchtigten Klecks angekommen, mit dem sich schrillionen von verzweifelten Sachbearbeiter:innen in den 2000ern versucht haben, ihre silbernen Golf Typ 3 zu individualisieren.

> Das geht übrigens immer noch. Link auf Amazon, viel Spass bei der Individualiserung Ihrer Existenz.

Aber warum ist das neue Logo der FU so generisch und das alte Logo nicht? Wer sich hier einmal die 2 minütige Mühe macht, sich einen kleinen Überblick über die Logos der Hochschulen in Deutschland zu verschaffen, sieht schnell, das ist nur ein Scheinargument.

Die „klassischen“ Hochschullogos in Ihrer Siegelform scheinen mir nicht weniger generisch zu sein, nur schlechter dekodierbar (Leseleistung erfoderlich).

Freiheit gilt immer nur für mich, nie für die anderen.

Warum nur fühlen sich hier so viele vor den Kopf gestoßen? Hier ist es hilfreich, mehrere Aspekte zu beachten: Veränderung ist immer eine Zumutung, selbst wenn wir wissen, dass sie angebracht oder nötig ist. So sind wir Menschen halt.  Und natürlich greifen hier auch die für ehemaligen Studierende indentifikationsstiftenden Aspekte. Das schlichte Gefühl, Teil der Geschichte der Hochschule gewesen zu sein, bringt einige in den Glauben, hier beim Branding Ihrer ehemaligen Alma Mater zuständig zu sein. Aber Mutti muss sich weiterentwickeln, so weh, wie das tut. Und das neue Branding passt besser in die neue Welt mit den Herausforderungen die Smartphones,  Internet, Social Media mit sich bringen.

„75 Jahre freies Denken”: natürlich nur wenn es mir passt. In diesem Sinn ist ein generatives Design wie das der FU Berlin natürlich schwer zu ertragen. Und ja, auch wenn die Idee des generativen Designs schon in den 90ern aufpoppte, hat sie, was aber meine persönliche Meinung ist, immer noch ihren Reiz. Schauen, wie es wird, schauen, ob es funktioniert, innerhalb eines bestimmten Rasters explorativ sein, erratisch sein – eine Freiheit, die man sich erlauben und dann auch zu ihr stehen muss. Auf einer Metaebene betrachtet, halte ich hier den Claim „75 Jahre freies Denken” für gut umgesetzt.

Die Website der FU Berlin im neuen Branding © FU Berlin

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Corporate Design als Prozess

Ein Corporate Design wird meist nur im Ist-Zustand gedacht, selbst wenn in die Zukunft gedacht, sind die Prognosen für neu entstehende Anwendung und Medientypen zu unzuverlässig. Wenn man Corporate Design als Prozess begreift, kann Brand Management hier helfen.

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